Textpassage aus dem Buch   Das Treffen in Telgte

Das Treffen in Telgte
         Günter Grass
                Auszug

„Gestern wird sein, was morgen gewesen ist.
Unsere Geschichten von heute müssen sich nicht jetzt zugetragen haben.
Diese fing vor mehr als dreihundert Jahren an. Andere Geschichten auch.
So lang rührt jede Geschichte her, die in Deutschland handelt.
Was in Telgte begann, schreibe ich auf, weil ein Freund der im
siebenundvierzigsten Jahr unseres Jahrhunderts seinesgleichen
um sich herum versammelt hat, seinen 70. Geburtstag feiern will;
dabei ist er älter, viel älter - und wir, seine gegenwärtigen Freunde,
sind mit ihm alle aschgrau von dazumal."


„Keine dreißig Meilen Wegs sei die Mühsal lang. Bei annähernd vollem Mond.
Und zwar durch flache Gegend. Da komme man, wenn die Herren
nicht ins pfäffische Münster wollten, durch Telgte, ein trauliches
Städtchen, das zwar arm geworden, aber heil geblieben sei, weil
man die Hessen habe abschlagen können und des Königsmarcks
Regimentenkassen zu füttern nicht müde werde.
Und da Telgte, wie man wisse, von altersher ein Wallfahrtsort sei,
werde er den musisch wallfahrenden Herren dort Quartier machen.
Das habe er von Jugend an gelernt: allerlei Göttern Quartier zu machen."